Anbieter versprechen Sicherheit, Compliance und Datenschutz – aber was sind diese Zusagen wirklich wert? Der Blick hinter die Kulissen zeigt: Oft bleiben nur Verträge ohne Substanz, Intransparenz und leere Sicherheitsversprechen.
Die Illusion des Vertrags als Sicherheitsnetz
Die meisten Anbieter von Cloud- oder SaaS-Lösungen sichern sich rechtlich ab – mit AGB, AV-Verträgen und DSGVO-Klauseln. Auf dem Papier scheint alles geregelt. Doch in der Praxis:
- Nutzungsbedingungen können jederzeit geändert werden, oft ohne Zustimmung des Kunden.
- Zugriffsrechte auf Daten sind nicht eindeutig geregelt – weder im Fall technischer Probleme noch bei Vertragskündigung.
- Verfügbarkeit und Rückgabe der Daten bleiben häufig vage. Der Export ist technisch möglich – aber nicht praktikabel.
- Support-Verpflichtungen gelten nur in bestimmten Fällen und mit Vorlaufzeiten, die im Notfall zu spät greifen.
Diese Realität führt dazu, dass viele Verträge in kritischen Momenten versagen. Sie bieten keine operative Sicherheit –und oft auch keine rechtliche Handhabe.
Der Datenzugang ist nicht gleich Datenhoheit
Ein häufiger Irrtum: Wer auf seine Daten zugreifen kann, hat auch die Kontrolle. Tatsächlich liegt zwischen Zugriff und Hoheit ein weiter Weg:
Merke: Nur wer Daten lokal oder unter klarer Kontrolle speichert, hat echte Datenhoheit – alles andere ist ein Verfügbarkeitsversprechen mit eingebautem Fragezeichen.
Anbietertransparenz? Fehlanzeige
Die Realität bei vielen internationalen Cloud-Anbietern
- Standort der Speicherung bleibt unklar – oft „multi-region“ oder „redundant georedundant“ ohne Angabe, wo genau.
- Zugriffe durch Techniker, Dienstleister oder Behörden werden selten dokumentiert – und noch seltener mitgeteilt.
- Datenverarbeitung durch KI-Systeme erfolgt teilweise ohne Kenntnis des Kunden (z. B. bei Trainingsdaten).
- Sicherheitsvorfälle werden verzögert oder gar nicht kommuniziert.
Selbst große Anbieter liefern oft keine vollständige Dokumentation der eigenen technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOMs). Kunden bleibt nur Vertrauen – oder der Kontrollverlust.
Sicherheit ohne Substanz
Viele Anbieter werben mit:
- ISO-Zertifikaten
- Audit-Berichten
- Zero-Trust-Architekturen
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
Doch in der Praxis:
- ISO-Zertifikate gelten nur für Teile des Unternehmens, nicht für alle Systeme.
- Audits werden von Anbietern selbst in Auftrag gegeben – der Prüfbericht ist selten öffentlich.
- Zero Trust ist eine Designidee, keine Garantie – und wird oft nur teilweise umgesetzt.
- Verschlüsselung endet oft am Rand des Dienstes – nicht auf dem Kundenendgerät oder beim Transfer in Dritttools.
Sicherheit wird als Marke verkauft – nicht als messbare Eigenschaft.
Fallbeispiel: Datenverlust trotz Cloudvertrag
Ein mittelständisches Unternehmen speichert überJahre seine Projektdokumentation in einem SaaS-Tool eines internationalen Anbieters. Nach einem Cyberangriff auf die Plattform bleiben große Teile der Daten unzugänglich. Zwar bestehen Verträge – doch der Anbieter verweist auf„höhere Gewalt“ und übernimmt keine Verantwortung.
Ein Datenexport war technisch möglich – wurde aber nie automatisiert durchgeführt. Backups lagen beim Anbieter selbst. Die Folge: Monatelanger Datenverlust, Kundenprojekte verzögern sich, Schaden entsteht – rechtlich kaum durchsetzbar.
Wie Datenhoheit konkret aussieht
Echte Datenhoheit bedeutet:
- Technische Kontrolle über Speicherung, Zugriff und Bewegung der Daten
- Klare Exportwege – automatisiert, strukturiert und vollständig
- Transparente Architektur – keine Blackbox, sondern nachvollziehbare Pfade
- Regelmäßige Backups in eigener Hand
- Kryptografische Absicherung mit eigener Schlüsselkontrolle
Datenhoheit ist keine Vertragsfrage – sie ist einArchitekturprinzip.
Fazit: Wer seine Daten nicht schützt, verliert sein Know-how
Daten sind mehr als Ressourcen – sie sind Wettbewerbsvorteil, Geschäftsgrundlage und strategischer Rohstoff. Wer diese Grundlage auslagert, sollte sich nicht mit Papierversprechen zufriedengeben.
Verträge ersetzen keine Kontrolle. Zertifikate ersetzen keine Einsicht. Versprechen ersetzen keine Verantwortung.
Datenhoheit beginnt mit einer klaren Architekturentscheidung – und dem Willen, die Kontrolle über das eigene Wissen nicht aus der Hand zu geben.